Ein internationales Forscherteam der Universitäten von
Bonn und Jerusalem sind der Osteoporose weiter auf die Spur gekommen. Die Forscher haben festgestellt, dass Mäuse mit einem bestimmten Gendefekt eine geringere Knochendichte aufweisen. Eine entscheidende Rolle spielen die so genannten Cannabinoidrezeptoren, berichten die Wissenschaftler in den Fachzeitschriften Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) und Human Molecular Genetics.
Mit Medikamenten, die spezifisch an diese sogenannten CB2-Rezeptoren binden, könnte man Osteoporose behandeln.Meliha Karsak vom Bonner Life&Brain-Zentrum hat gemeinsam mit ihren Kollegen der Universität Jerusalem festgestellt, dass der Cannabinoidrezeptor CB2 eine wesentliche Rolle bei der Knochendichte spielt. "Wir kennen heute zwei Typen von Cannabinoidrezeptoren, CB1 und CB2", erklärt Karsak. Der CB1-Rezeptor wird von den Nervenzellen im Gehirn gebildet und ist zum Beispiel für die psychische Wirkung von Cannabis verantwortlich. "Der CB2-Rezeptor kommt dagegen nicht in Nervenzellen vor. Seine Funktion war bislang unbekannt." Der Bonner Hirnforscher Andreas Zimmer hat Mäuse gentechnisch so verändert, dass ihr CB2-Rezeptor nicht mehr funktionierte. Das Ergebnis war verblüffend: "Die Tiere verloren nach und nach die stabilisierenden Knochenbälkchen", berichtet Karsak. "Auch war bei ihnen die Zahl der Osteoklasten - das sind bestimmte Zellen, die Knochengewebe abbauen können - um fast die Hälfte erhöht."
Die Forscherin konnte mit einer Kollegen aus Israel und England nachweisen, dass Osteoklasten wie auch ihre Gegenspieler, die für den Knochenaufbau zuständigen Osteoblasten, auf ihrer Oberfläche CB2-Rezeptoren tragen. Signalmoleküle wie die vom Körper gebildeten Endocannabinoide, scheinen auf diesem Weg das Knochenwachstum regulieren zu können. Unterstützt wird diese These durch ein weiteres Experiment mit Mäusen, denen die Eierstöcke entfernt worden waren. Der daraus resultierende Östrogen-Mangel führt normalerweise zum Abbau von Knochensubstanz und schließlich zu Osteoporose. Die Wissenschaftler haben die Mäuse mit einem Wirkstoff behandelt, der spezifisch an den CB2-Rezeptor bindet. Auf diese Weise konnte der durch den Eingriff bedingten Knochenverlust abgeschwächt werden.
Wie sich die Tierversuche auf den Menschen umlegen lassen, haben nun Wissenschaftler in Frankreich untersucht. Tatsächlich fand sich bei Osteoporose-Patientinnen eine bestimmte Variante des CB2 Gens häufiger als bei Gesunden. "Wer diesen Defekt in seinen Erbanlagen mit sich herumträgt, muss jedoch nicht zwangsläufig erkranken. Allerdings tragen Frauen mit dieser Mutation ein dreifach höheres Osteoporose-Risiko", so die Wissenschaftlerin. Der Ergebnisse machen deutlich, dass der CB2-Rezeptor für den Erhalt der normalen Knochenmasse essenziell ist. Darüber hinaus bietet dieses Wissen völlig neuartige Therapiemöglichkeiten. Bei vielen Frauen mit Osteoporose, bei denen der CB2-Rezeptor funktioniert - es also andere Ursachen gibt - könnte man versuchen, den Rezeptor durch Medikamente zu stimulieren und so den Knochenverlust zu bremsen. Bei Patientinnen mit CB2-Defekt machen die jüngsten Resultate Hoffnung.