Nach dem Ende des Rechtstreits über das homöopathiekritische Handbuch "
Die andere Medizin" der Stiftung Warentest ruft der Essener Mediziner Gustav Dobos von der Universitätsklinik in Essen hzu einer fairen und sorgsamen Diskussion über alternative Therapien auf.
Hintergrund des Rechtsstreits ist eine von der Deutschen Homöopathieunion beantragte einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg. Die Stiftung Warentest hatte diese anerkannt und den Vertrieb des Buches eingestellt. Dobos, Schulmediziner und Inhaber des einzigen deutschen Lehrstuhls für Naturheilkunde, kritisiert, dass an Naturheilverfahren, aber auch an die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) Maßstäbe angelegt werden, nach denen auch eine Reihe von schulmedizinisch anerkannten Verfahren als "nicht wirksam" eingestuft werden müssten. "Der forschungspolitisch bedingte Mangel an validen Studien in Deutschland wird häufig benutzt, um die 'andere Medizin' pauschal zu diskreditieren".
"Wir behandeln die Patienten in der Essener Klinik mit einer Kombination aus schulmedizinischen und naturheilkundlichen Verfahren", erklärt Dobos, der die Aufgabe seines Lehrstuhls darin sieht, die Wirksamkeit von nicht-schulmedizinischen Therapien wissenschaftlich zu untersuchen. "Es gibt eindeutig erhebliche Defizite in diesem Forschungsfeld. Das erlaubt aber nicht den Schluss, dass naturheilkundliche Verfahren grundsätzlich unwirksam sind", erläutert Dobos. In der Essener Klinik werden beispielsweise Patienten mit internistischen Erkrankungen wie chronischen Lungenerkrankungen, chronischen Darmerkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Patienten mit chronischen Schmerzen erfolgreich behandelt, indem die Schulmedizin gezielt um Methoden der Naturheilkunde ergänzt wird. Zugleich werden Behandlungsverläufe und -ergebnisse nach strengen Kriterien dokumentiert und evaluiert. "Mittlerweile gibt es zahlreiche Belege dafür, dass diese Kombination aus Patientensicht, aber auch objektiv bisweilen bessere Ergebnisse erzielt, als eine eindimensionale Therapie", berichtet der Mediziner.
Das Beispiel des Handbuchs der Stiftung Warentest zeige, dass Methoden außerhalb der Schulmedizin gleichsam reflexartig abgewertet würden, kritisiert Dobos. Denn nicht nur die dem Handbuch zu Grunde liegende Methodik sei fragwürdig: Die einstweilige Verfügung wurde nämlich erlassen, weil der Eindruck erweckt wurde, für ein bestimmtes homöopathisches Schnupfenmittel gäbe es keine Wirksamkeitsnachweise. Dabei ist das Mittel in Wirklichkeit ein zugelassenes Arzneimittel, das alle schulmedizinischen Kriterien erfüllt. "Offenbar hat den Autoren das Wort homöopathisch genügt, um auf weitere Recherchen zu verzichten", vermutet Henning Albrecht, Geschäftsführer der Essener Karl und Veronica Carstens-Stiftung, die sich seit Jahren die wissenschaftliche Aufarbeitung von Naturheilkunde und Homöopathie zum Ziel gesetzt hat.
Mit der Ausgrenzung alles nicht Schulmedizinischen, würden nicht nur mögliche Heilungschancen vernachlässigt, sondern auch der Patientenwille missachtet, meint Dobos abschließend. Einer Studie im Spätsommer zufolge würden sich über zwei Drittel der Deutschen für eine Kombination von Schulmedizin und TCM entscheiden, wenn sie die Wahl hätten.
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