Forscher finden gravierende Mängel an der Studie von 2002, die die Behandlung mit hohen Risiken in Verbindung brachte
Im Jahr 2002 alarmierte eine große Studie zur Hormonersatztherapie in den Wechseljahren Ärzte und Patientinnen, weil dort ein erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko nachgewiesen wurde. Die darauffolgenden Warnungen vor einer Hormonbehandlung waren jedoch möglicherweise verfrüht, glauben amerikanische Forscher um Edward Klaiber: Ihrer Ansicht nach hatte die Studie gravierende Mängel, die den Ausgang verzerrten. So seien die Hormone beispielsweise in einer völlig ungebräuchlichen Dosierung verabreicht worden. Außerdem hatten die Probandinnen ein recht hohes Durchschnittsalter, was per se schon das Risiko für Herzkrankheiten erhöhe.
Mehr als 16.000 Frauen hatten an der eigentlich auf acht Jahre angelegten "Women's Health Initiative (WHI)"-Studie teilgenommen. Die Probandinnen bekamen entweder ein Placebo oder eine Kombination aus Östrogenen und Gestagenen, die standardmäßig für die Behandlung von Wechseljahresbeschwerden eingesetzt werden. Ziel der Studie war es, einen potenziellen Schutzeffekt vor Herz-Kreislauf-Krankheiten durch die Hormonbehandlung nachzuweisen.
Nach etwas mehr als fünf Jahren brachen die Studienleiter die Untersuchung jedoch ab: Die Risiken, die durch die Hormongabe entstanden, überwogen ihrer Ansicht nach die Vorteile. Insbesondere traten bei den Probandinnen im Vergleich zur Kontrollgruppe ein erhöhtes Brustkrebsrisiko und nicht weniger, sondern mehr gravierende Herz-Kreislauf-Probleme wie Herzinfarkte auf. Seitdem raten viele Ärzte ihren Patientinnen von einer Hormonersatztherapie ab.
Diese Vorsicht ist möglicherweise nicht in allen Fällen gerechtfertigt, meinen nun Klaiber und seine Kollegen. Ihre Kritik: In der WHI-Studie sei den Frauen täglich eine Kombinationspille verabreicht worden, die sowohl Östrogen als auch Gestagen enthielt. Normalerweise werde jedoch nur das Östrogen täglich und das Gestagen zyklisch, an maximal 10 bis 12 Tagen im Monat, eingenommen, so die Forscher. Diese ständige Gestagengabe hat ihrer Ansicht nach das Ergebnis verfälscht und mögliche positive Effekte überdeckt.
Auch die Studiengruppe sei für eine solche Untersuchung ungeeignet gewesen: Die Frauen hatten ein Durchschnittsalter von knapp 63 Jahren, während eine Hormontherapie in den meisten Fällen im Alter von 50 bis 55 Jahren begonnen werde. Aufgrund des höheren Altersdurchschnitts war die Häufigkeit von Herzkrankheiten bei den Probandinnen daher ungewöhnlich hoch. Die Forscher vermuten, dass die Ergebnisse in einer anderen Probandengruppe und mit einer zyklischen Gestagengabe besser ausgesehen hätten. Das müssten nun jedoch weitere Studien zeigen.
Edward Klaiber (Universität von Massachusetts, Worcester) et al.: Fertility and Sterility, Bd. 84, S. 1589
[Via:
Wissenschaft.de]